Kummerle
Von der „Kammgarnspinnerei Kummerlé“ zur „BRANKA Kammgarnspinnerei Brandenburg/Havel GmbH und Co. KG
1879 entstanden in der Neuendorfer Straße die Werkhallen für eine Spinnerei, die von den beiden Brüdern Alfred und Emil Kummerlé geführt wurde. 1868 durch einen Onkel der beiden in Berlin gegründet, wurde Alfred wurde in Brandenburg Geschäftsführer, Emil war der Besitzer.
Aus der über die Havel angelandete Rohwolle aus Australien, England und Südamerika entstanden durch die aufwändige Aufbereitung hochwertige Garne für Hand- und Maschinenstrickerei, aber auch für Strumpfwirkereien. Eine mit Seide versponnene Wolle erhielt den Markennamen „Goldschaf“.
Zur Kammgarnspinnerei gehörten eine Wollwäscherei, die Kämmerei, die Spinnerei sowie Einrichtungen zum Färben, zum Auf- und Abwickeln der Garne und Verpacken der fertigen Ware. Angetrieben wurden die Maschinen über eine 1100 PS starke Dampfmaschine, später kamen weitere dazu.
Betriebserweiterungen erfolgten nicht nur in der Havelstadt, auch in Schlesien wurde ein Werk mit ähnlichen Produkten angekauft. So gehörten 1912 etwa 700 Beschäftigte zum Betrieb, zehn Jahre später waren es mehr als 1200. Parallel dazu stieg die Produktion von etwa 1500 auf 3200 Tonnen Garne im Jahr 1933. Mehr als die Hälfte ging bis Ende der 1930er Jahre in den Export.
Mit Beginn des 2. Weltkrieges wurde die Anlieferung der Rohwolle zunehmender schwierig. Viele Betriebe hatten stellten sich auf die Kriegswirtschaft um, Arbeitskräfte wurden als Soldaten aus den Betrieben abgezogen. Auch die seit 1922 von Alfred Kummerlé jun. geführte Firma musste Einbußen hinnehmen: bereits 1939 sank die Produktion auf 1800 Tonnen fertige Garne, 1944 verließen nur noch 490 Tonnen die Hallen.
Ende April 1945 wurden durch einen der letzten Luftangriffe des Krieges etwa 60% der Gebäude und fast 90% der Maschinen zerstört. Dank des schnellen Wiederaufbaus mit reparierten Maschinen konnte die Produktion im Sommer 1945 mit anfangs 60 Beschäftigten wieder starten, 1946/47 waren es schon wieder 200 Beschäftigte, etwa 20% der Spindeln liefen wieder. Wäscherei, Krempelei und Kämmerei zogen in die nach und nach wiederhergestellten Gebäude ein.
zerstörte Fabrik BU (Foto: Stadtmuseum Brandenburg an der Havel)
Mit der Enteignung von Firma und Privatvermögen Alfred Kummerlés am 30. Juni 1948 wurde aus der „Kammgarnspinnerei Alfred Kummerlé“ der „VEB Kammgarn- und Streichgarnspinnereien“. Zu den Produkten zählten nun vor allem Mischgarne aus Wolle, Zellwolle und Perlon, die nun die Spezialität des Betriebes wurden. Die Anzahl der Beschäftigten stieg 1956 auf 1012, mehr als 80 % waren Frauen.
Frauen in den Industriegebäuden der Kammgarnspinnerei (Foto: Stadtmuseum Brandenburg an der Havel)
Seit 1969 gehörte das Werk als „Betriebsteil V“ unter dem Namen VEB ALWO zum „Volkseigenen Kombinat Altenburger Wollspinnerei“. Die letzten kriegszerstörten Hallen wurden durch neue ersetzt, so dass die Brandenburger Spinnerei mit ihren Handstrickgarnen und Produkten für die weiterverarbeitende Textilindustrie zu den größten Werken ihrer Art in der DDR wurden und bis zur Wiedervereinigung 1990 einer der größten Arbeitgeber in der Havelstadt blieben. 1990 erfolgte durch die Treuhand die Umwandlung in eine GmbH, 1992 gefolgt von einer Privatisierung. Den bereits eingesetzten Wandel in der Textilindustrie, auch am Weltmarkt verkraftete das Brandenburger Werk nicht mehr: 1995 wurden die meisten Mitarbeiterinnen entlassen, 1996 firmierte das Werk in die Auffanggesellschaft „BRANKA Kammgarnspinnerei Brandenburg/Havel GmbH und Co. KG“, bis 1998 die Firma aus dem Gewerberegister der Stadt gelöscht wurde.
Frauen der Kammgarnspinnerei (Foto: Stadtmuseum Brandenburg an der Havel)